Wir tauen langsam auf, der Winter ist fast überstanden. Bei unseren Spaziergängen entdecken wir immer mehr farbliche Akzente. Die ersten Knospen sprießen auf den kahlen Bäumen und die ersten Blümchen zieren die grünen Wiesen. Der Frühling ist da! Die wunderschöne Jahreszeit steht im Mittelpunkt vieler beliebter Traditionen. In diesem Beitrag haben wir nach den schönsten Orten geforscht, die für ihre Frühlingsfestivals bekannt sind.
Tulpenfestival
Die Tulpe kommt ursprünglich aus dem Osmanischen Reich und wurde im 16. Jahrhundert in den Bergen von Kasachstan entdeckt. Da die prächtige Blume sehr selten war, wurde sie nur in die Gärten der mächtigsten Einwohner des früheren Konstantinopels gepflanzt. Dadurch wurde die Tulpe zu einem Symbol von Reichtum und Macht. Die Stadt zog viele Menschen an, die die kostbaren Blumen bestaunten und am jährlichen Tulpenfestes des Sultans teilnahmen.
Niederlande
Der damalige Sultan Süleyman schenkte seinen wichtigsten Gästen stets einige seiner Tulpenzwiebel, darunter dem österreichischen Botschafter Ogier Ghisleen van Busbekas. Dieser schickte einige Exemplare seinem Freund, dem flämischen Botaniker Carolus Clusius, nach Leiden. So wurde die Tulpe erstmals in die Niederlande gebracht.
Clusius, der später Universitätsprofessor wurde, pflanzte die Zwiebeln im botanischen Garten von Leiden an und versuchte verschiedene Tulpenarten zu kreuzen sowie neue Farben zu züchten. Da es sich um exotische Pflanzen handelte, wurden Tulpen in Westeuropa sehr bewundert. Sein Wissen teilen wollte der Botaniker nicht, erst nachdem einige seiner Zuchtexemplare gestohlen wurden, begann das großflächige Anpflanzen von Tulpenfeldern im ganzen Land.
Dies führte im 17. Jahrhundert zum Tulpenwahn, der ersten spekulativen Blase. Es entstand eine absurd hohe Tulpennachfrage, bei welcher auch stetig der Preis in die Höhe schoss. So hoch, dass einige Tulpenzwiebeln den Wert eines Grachtenhauses erreichten. Am Ende der Blase, gingen zahlreiche Spekulanten leer aus aber was erhalten blieb, waren die vielen Tulpenfelder, die noch heutzutage tausende von Touristen anziehen. Das Tulpenfestival findet jährlich nicht nur in Amsterdam statt, sondern gewann auch in anderen Ländern an großer Beliebtheit.
Wer schon einmal in Amsterdam war, kann bestätigen, dass Tulpen als beliebte Mitbringsel verkauft werden. Nicht frisch an sich, jedoch als Zwiebeln einer besonderen Züchtung, als Schokolade oder als Stickerei auf Kleidungsstücken. Obwohl das Tulpenfestival von Ende März bis Anfang Mai statt findet, begleitet die Holländer die Blume auch das restliche Jahr über.
Eine der beliebtesten Frühlingsattraktionen ist der Tulpengarten von Keukenhof. Der Blumengarten, der nur 40 km von Amsterdam entfernt ist, überzeugt mit einer Tulpenvielfalt von 800 verschiedenen Arten. Die beeindruckenden Gärten bieten neben spektakulären Selfie-Spots unteranderem auch 15 km lange Wanderwege, einen Streichelzoo und ein Labyrinth für Kinder.
Das Highlight des Festivals ist die Bloemencorso durch die Region Bollenstreek. Bei dieser lassen sich die täuschend echte Blumenkunstwerke auf einer 40 km langen Route von Noordwijk nach Haarlem bestaunen. Für die Dekoration werden neben Tulpen auch andere Frühlingsblumen wie Hyazinthen und Narzissen verwendet. Für das Spektakel bereiten sich die Teilnehmer das ganze Jahr vor.
Ottawa
Das kanadische Festival van de Tulp findet jährlich in der Hauptstadt Ottawa statt und ist mit über eine Million Tulpen, eins der größten Tulpenfeste weltweit. Für die mehr als 650.000 Besucher jährlich werden in der ganzen Stadt große Tulpenausstellungen gepflanzt sowie Konzerte, Aktivitäten und Feuerwerke organisiert. Die größte Ausstellung befindet sich im Commissioner’s Park in der Nähe von Dow’s Lake.
Der Ursprung des Festivals liegt in der Befreiung der Niederlande durch Kanada während des zweiten Weltkrieges. Als Geste der Dankbarkeit bekam Kanada jährlich Tulpenzwiebel von der niederländischen Königsfamilie. Diese Tradition wurde bis heute aufrecht erhalten.
Hanami
Hanami (花見) bedeutet auf japanisch „Blüten betrachten“ und dessen Praxis ist viele Jahrhunderte alt. Der Brauch soll ursprünglich aus der Nara-Zeit (710-794) stammen und begann anfangs mit dem Beobachten von Pflaumenblüten (Ume). In der Heian-Zeit (794-1192) wurden Kirschblüten (Sakura) immer häufiger gewürdigt. Diese Tradition wird auch heute noch gepflegt – vor allem in Japan.
Japan
Die Kirschblütenzeit wird von den Einheimischen sehr ernst genommen. Die Japaner versammeln sich in Parks und in Gärten um unter den blühenden Bäumen Sakura Feste zu veranstalten. Die Feierlichkeiten dauern meistens spät in die Nacht. Eine nächtliche Hanami hat sogar einen speziellen Namen, Yozakura (夜 桜) und bedeutet „Nacht Sakura“. Insbesondere in Tokio ist es üblich am Abend zu feiern und dafür Papierlaternen an die Bäume zu hängen.
Die Dauer von Hanami hängt mit der Kirschblütezeit zusammen, die ca. 10 Tage anhält. Wegen der kurzen Zeitspanne symbolisiert Sakura die Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit des Lebens. Die Kirschblütenfront wird jährlich für jede Region von privaten Agenturen vorhergesagt. Die Front bewegt sich von Südwesten nach Nordosten, wonach die Blüten in Kyūshū als erstes aufgehen und in Hokkaidō am spätesten blühen.
Tokio zieht nicht nur die Einheimischen zum Feiern an, sondern ist Hotspot für Touristen aus aller Welt. Einige beliebte Parks sind der Uneo Park, der Yoyogi Park sowie Shinjuku Gyoen. Shinjuku Gyoen ist einer der größten Parks Tokios und beheimatet mehr als tausend Kirschbäume mit unterschiedlichen Blütezeiten. Sollte man die Hauptsaison um einige Tage verpassen, ist Shinjuku Gyoen dank der früh und spät blühenden Bäume ein ideales Hanami Ziel. Touristen sollten jedoch aufpassen, weil in Shinjuku Gyoen der Konsum von alkoholischen Getränken verboten ist.
Alle beliebten Orte mit weitläufigen Rasenflächen sind in der Regel stets überfüllt, deshalb ist es wichtig sich als große Gruppe einen Platz so früh wie möglich zu reservieren. Dafür kann man sich in fast jedem Supermarkt eine große Abdeckplane kaufen, die in der Wiese ausgebreitet und wie eine Picknickdecke verwendet wird. Besuchen Einheimische Hanami mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten ist es die Aufgabe der neuen Mitarbeiter (Kohai) einen Platz am frühen Morgen für die älteren Mitarbeiter (Senpai) zu reservieren. Bei diesem Brauch ist nicht das biologische Alter vorrangig, sondern die Dauer der Zugehörigkeit in der Organisation.
Beim Zusammensitzen wird normalerweise unter den Kirschblütenbäumen gegessen, getrunken und gespielt. Zu diesem Anlass werden Gerichte wie Dango und Bento zubereitet. Dango sind japanische Reismehl Bällchen, die nach dem Dämpfen auf einem Spieß serviert werden. Je nach Art, erhält das Reisbällchen ein anderes Topping. Zu Hanami gibt es das Sanshoku Dango (三 色 団 子), welches aus drei bunten Kugeln (pink-weiß-grün) besteht. Bento sind japanische Lunchboxen, die häufig mit Maki, Sushi, Tamagoyaki (japanisches Omelet) oder Kamaboko (Laibchen aus Fischfaschiertem) gefüllt werden. Getrunken wird traditionell Sake.
Washington
Das National Cherry Blossom Festival findet jährlich über vier Wochen in Washington DC statt und bietet ein abwechslungsreiches Kunst- und Kulturprogramm. Den Auftakt bildet das Eröffnungsevent mit spektakulären Tanz- und Musikaufführungen. Weitere Highlights sind die Parade, das Streetfood Festival, Drachenfliegen sowie das imposante Feuerwerk. Zu diesem Anlass zieht das Festival Besucher aus der ganzen Welt an.
Der Ursprung des Festivals reicht bis ins Jahr 1912 zurück, als die japanische Regierung den Vereinigten Staaten mehr als 3.000 Kirschbäume schenkte. Die ersten beiden Bäume wurden von der damaligen First Lady, der Frau des japanischen Botschafters, im West Potomac Park gepflanzt. Das erste Festival wurde 1934 eingeführt und seit dem beteiligten sich schon zahlreiche First Ladies an der Baumpflanzungszeremonie, darunter Hillary Clinton, Laura Bush und Michelle Obama.